
Die Europäische Kommission hat gegen Google eine Geldbuße von 2,95 Milliarden Euro verhängt. Grund ist ein Verstoß gegen die EU-Kartellvorschriften: Google soll den Wettbewerb im Bereich der Online-Werbetechnologie („Adtech“) verzerrt haben. Das Unternehmen habe seine eigenen Display-Werbetechnologiedienste bevorzugt und dadurch konkurrierende Anbieter, Werbetreibende und Online-Verleger benachteiligt.
Die Kommission verlangt von Google, diese Selbstbegünstigung zu stoppen und Maßnahmen zur Behebung der Interessenkonflikte entlang der Adtech-Lieferkette zu ergreifen. Google hat nun 60 Tage Zeit, um der Kommission darzulegen, wie es die Vorgaben umsetzen will.
Die Zuwiderhandlung
Google ist ein multinationales US-amerikanisches Technologieunternehmen, dessen Haupteinnahmequelle die Werbung ist. Insbesondere verkauft Google Werbung auf seinen eigenen Websites und Anwendungen und vermittelt zwischen Werbetreibenden, die ihre Anzeigen online schalten möchten, und Publishern (d. h. Websites und Apps von Drittanbietern), die diesen Platz zur Verfügung stellen können.
Werbetreibende und Publisher nutzen die digitalen Tools der Adtech-Branche für die Platzierung von Echtzeit-Anzeigen, die nicht mit einer Suchanfrage verknüpft sind, wie z. B. Bannerwerbung auf Websites von Zeitungen („Display-Anzeigen“). Insbesondere stellt die Adtech-Branche drei digitale Tools zur Verfügung: (i) Publisher-Ad-Server, die von Publishern zur Verwaltung der Werbeflächen auf ihren Websites und Apps verwendet werden; (ii) programmatische Tools zum Kauf von Werbung für das offene Internet, die von Werbetreibenden zur Verwaltung ihrer automatisierten Werbekampagnen verwendet werden; und (iii) Ad-Exchanges, auf denen Angebot und Nachfrage in Echtzeit, in der Regel über Auktionen, zusammenkommen, um Display-Anzeigen zu kaufen und zu verkaufen.
Google bietet mehrere Adtech-Dienste an, die zwischen Werbetreibenden und Publishern vermitteln, um Anzeigen auf Websites oder in mobilen Apps anzuzeigen. Das Unternehmen betreibt (i) zwei Tools zum Kauf von Anzeigen – „Google Ads“ und „DV 360“; (ii) einen Publisher-Ad-Server, „DoubleClick For Publishers“ oder DFP; und (iii) eine Anzeigenbörse, „AdX“.
Die Untersuchung der Kommission ergab, dass Google (i) mit seinem Dienst „DFP“ auf dem Markt für Publisher-Ad-Server und (ii) mit seinen Diensten „Google Ads“ und „DV360“ auf dem Markt für programmatische Werbekauf-Tools für das offene Internet eine beherrschende Stellung einnimmt. Beide Märkte erstrecken sich über den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum.
Insbesondere stellte die Kommission fest, dass Google zwischen mindestens 2014 und heute diese marktbeherrschenden Stellungen unter Verstoß gegen Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union („AEUV“) missbraucht hat, indem es
- seine eigene Anzeigenbörse AdX im Anzeigenauswahlprozess seines marktbeherrschenden Publisher-Ad-Servers DFP begünstigte, indem es beispielsweise AdX im Voraus über den Wert des besten Gebots von Wettbewerbern informierte, das es überbieten musste, um die Auktion zu gewinnen.
- seine Anzeigenbörse AdX in der Art und Weise begünstigte, wie seine Anzeigenkauf-Tools Google Ads und DV360 Gebote auf Anzeigenbörsen abgeben. So mied Google Ads konkurrierende Ad Exchanges und platzierte Gebote hauptsächlich auf AdX, wodurch diese zur attraktivsten Ad Exchange wurde.
Die Kommission ist zu dem Schluss gekommen, dass diese Verhaltensweisen darauf abzielten, AdX absichtlich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, und möglicherweise Ad Exchanges, die mit AdX konkurrierten, vom Markt ausgeschlossen haben. Dies hat die zentrale Rolle von AdX in der Adtech-Lieferkette sowie die Fähigkeit von Google, hohe Gebühren für seine Dienste zu verlangen, gestärkt.
Die Kommission hat Google aufgefordert, diese Praktiken der Selbstbegünstigung einzustellen. Außerdem hat sie Google angewiesen, Maßnahmen zu ergreifen, um die inhärenten Interessenkonflikte entlang der Adtech-Lieferkette zu beseitigen. Google hat nun 60 Tage Zeit, um der Kommission mitzuteilen, welche Maßnahmen es zu diesem Zweck vorschlagen will. Nach Erhalt dieser Informationen wird die Kommission sie eingehend prüfen, um festzustellen, ob sie die Interessenkonflikte beseitigen. Sollte dies nicht der Fall sein, wird die Kommission vorbehaltlich des Rechts von Google auf Anhörung eine angemessene Abhilfemaßnahme verhängen. Die Kommission hat bereits ihre vorläufige Auffassung signalisiert, dass nur die Veräußerung eines Teils der Dienste von Google die Situation der inhärenten Interessenkonflikte beheben würde, möchte jedoch zunächst den Vorschlag von Google anhören und prüfen.
Die Geldbuße in Höhe von 2,95 Mrd. EUR wurde auf der Grundlage der Leitlinien der Kommission für Geldbußen aus dem Jahr 2006 festgesetzt.
Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße berücksichtigte die Kommission verschiedene Faktoren, darunter die Dauer und Schwere der Zuwiderhandlung sowie den relevanten EWR-Umsatz von AdX, auf den sich die Zuwiderhandlungen beziehen und der daher den Grundbetrag der Geldbuße bestimmt. Darüber hinaus berücksichtigte die Kommission, dass Google bereits in der Vergangenheit wegen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung mit Geldbußen belegt worden war.
Die Schlussfolgerung der Kommission zum Vorliegen eines Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung durch Google aufgrund eines Verhaltens, das weitgehend dem vom US-Justizministerium untersuchten Verhalten ähnelt, ist auch im Hinblick auf das bevorstehende Verfahren über Abhilfemaßnahmen in den USA wichtig, das am 22. September 2025 beginnen soll.
Hintergrund
Im Juni 2021 leitete die Kommission ein förmliches Verfahren wegen möglicher wettbewerbswidriger Praktiken von Google im Bereich der Online-Werbetechnologie ein. Im Juni 2023 übermittelte die Kommission Google eine Mitteilung der Beschwerdepunkte, auf die das Unternehmen im Dezember 2023 antwortete.
Artikel 102 AEUV und Artikel 54 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) verbieten den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung.
Marktbeherrschung ist als solche nach den EU-Kartellvorschriften nicht illegal. Marktbeherrschende Unternehmen haben jedoch eine besondere Verantwortung, ihre starke Marktposition nicht durch Wettbewerbsbeschränkungen zu missbrauchen, weder auf dem Markt, auf dem sie marktbeherrschend sind, noch auf anderen Märkten.
Stellt die Kommission einen Verstoß gegen Artikel 102 AEUV fest, kann sie das betreffende Unternehmen durch Entscheidung auffordern, diesen Verstoß abzustellen. Zu diesem Zweck kann sie ihnen Verhaltens- oder strukturelle Abhilfemaßnahmen auferlegen, die in einem angemessenen Verhältnis zu dem begangenen Verstoß stehen und erforderlich sind, um den Verstoß wirksam zu beenden. Strukturelle Abhilfemaßnahmen können nur auferlegt werden, wenn es keine ebenso wirksamen Verhaltensmaßnahmen gibt oder wenn solche Maßnahmen für das betreffende Unternehmen eine größere Belastung darstellen würden als die strukturellen Abhilfemaßnahmen.
Weitere Informationen zu diesem Fall sind unter der Fallnummer AT.40670 im öffentlichen Fallregister auf der Website der Kommission zum Wettbewerbsrecht verfügbar, sobald die Vertraulichkeitsfragen geklärt sind.
Schadensersatzklage
Jede Person oder jedes Unternehmen, die bzw. das von dem in diesem Fall beschriebenen wettbewerbswidrigen Verhalten betroffen ist, kann die Angelegenheit vor die Gerichte der Mitgliedstaaten bringen und Schadensersatz verlangen. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und die Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates bestätigen, dass eine Entscheidung der Kommission in Verfahren vor nationalen Gerichten einen verbindlichen Beweis dafür darstellt, dass das Verhalten stattgefunden hat und rechtswidrig war. Auch wenn die Kommission gegen das betreffende Unternehmen eine Geldbuße verhängt hat, kann von den nationalen Gerichten Schadenersatz zugesprochen werden, ohne dass dieser um die Höhe der Geldbuße der Kommission gemindert wird.
Die Kartellschadensersatzrichtlinie erleichtert Opfern wettbewerbswidriger Praktiken die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen. Weitere Informationen zu Kartellschadensersatzklagen, einschließlich eines praktischen Leitfadens zur Quantifizierung von Kartellschäden, finden Sie hier.
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