Share
Beitragsbild zu Unter Beobachtung: Neue Datenschützer-Analyse zeigt extreme Unterschiede bei Videoüberwachung weltweit

Unter Beobachtung: Neue Datenschützer-Analyse zeigt extreme Unterschiede bei Videoüberwachung weltweit

22. Juli 2025

Eine neue heyData-Studie beleuchtet, wie 21 Städte weltweit mit Videoüberwachung umgehen – und welche Folgen das für Gesellschaft und Freiheit hat.

  • 8.500 Überwachungskameras pro km2 machen Dubai zur aktuell am meisten überwachten Metropole der Welt. In München sind es zum Vergleich nur 32 Kameras pro km2.
  • Risiken durch moderne Technik: KI-gestützte Videoanalysen ermöglichen detaillierte Bewegungsprofile und gefährden die persönliche Freiheit.
  • Überwachung verändert Verhalten: Sie erzeugt psychischen Druck und Selbstzensur.

Eine aktuelle Analyse der Berliner Datenschützer und Compliance-Experten von heyData beleuchtet die Verbreitung öffentlicher Überwachungskameras in Städten weltweit und zeigt eindrucksvoll, wie unterschiedlich Staaten auf Videoüberwachung setzen.

Im Mittelpunkt der Analyse stehen internationale Metropolen wie London, Dubai und Peking, aber auch Berlin, München, Hamburg und Stuttgart. Die Analyse stützt sich auf öffentliche Daten und eigene Berechnungen. Sie zeigt erstmals, wie engmaschig Städte weltweit durch Kameras überwacht werden – bezogen auf Einwohnerzahl und Fläche. Die Zahlen stammen aus öffentlich zugänglichen Quellen, darunter Regierungsberichte, Marktanalysen und eigene Erhebungen (Stand: Juli 2025).

1 Mio. Kameras – Städte unter Beobachtung

Die Untersuchung zeigt drastische Unterschiede im weltweiten Umgang mit Videoüberwachung. London etwa zählt stadtweit rund eine Million öffentliche Kameras, was etwa 600 Kameras pro Quadratkilometer entspricht. Damit gehört die britische Hauptstadt zu den am stärksten überwachten Metropolen Europas. Hier wird Videoüberwachung vor allem zur Kriminalitätsbekämpfung, Terrorabwehr und Verkehrssteuerung eingesetzt. Datenschützer warnen jedoch, dass ein so dichtes Netz auch tief in die Privatsphäre eingreifen und das Verhalten der Menschen beeinflussen kann.

Noch dichter überwacht ist das beliebte Urlaubsziel Dubai: Mit über 8.500 Kameras pro Quadratkilometer liegt das Emirat weltweit an der Spitze. Anders als in London wird Überwachung dort nicht nur als Sicherheitsmaßnahme verstanden, sondern gezielt zur Kontrolle gesellschaftlicher Aktivitäten eingesetzt. Nahezu jeder öffentliche Bereich wird erfasst – von Einkaufszentren über Straßen bis hin zu Stränden. Aus europäischer Sicht gilt dieser umfassende Einsatz der Überwachungstechnologie als besonders kritisch, da er kaum rechtliche Grenzen kennt und das private Leben der Menschen nahezu lückenlos sichtbar macht.

Deutschland noch datensparsam

In Deutschland setzen Städte bislang vergleichsweise zurückhaltend auf Videoüberwachung, wie der internationale Vergleich zeigt. Im bundespolitischen Zentrum Berlin kommen lediglich vier Kameras auf tausend Einwohner. Etwas mehr sind es in Hamburg und München mit jeweils sieben, während Stuttgart bei fünf Kameras pro tausend Einwohner liegt.

Diese Zurückhaltung hängt auch mit Deutschlands Geschichte zusammen: Die Erfahrung staatlicher Überwachung prägt bis heute das Bewusstsein für Datenschutz und persönliche Freiheit. Dennoch wird auch hierzulande zunehmend über eine Ausweitung der Videoüberwachung diskutiert. Vor allem stark frequentierte oder als kriminalitätsbelastet eingestufte Orte wie Bahnhöfe, Innenstädte oder Großveranstaltungen stehen dabei im Fokus.

Befürworter betonen eine höhere Aufklärungsquote bei Straftaten und ein gestärktes Sicherheitsgefühl der Bevölkerung. Kritiker hingegen warnen vor einer schleichenden Einschränkung von Freiheitsrechten und vor der Gefahr, dass Menschen ihr Verhalten aus Angst vor Beobachtung anpassen.

Überwachung verändert Verhalten

Videoüberwachung prägt nicht nur das Stadtbild, sondern beeinflusst auch das Verhalten der Menschen. Das ständige Gefühl, beobachtet zu werden, kann psychischen Druck erzeugen und zu vorsichtigem oder angepasstem Verhalten führen. Eine Art Selbstzensur, um keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Zudem bergen Technologien wie Gesichtserkennung Risiken für gesellschaftliche Gerechtigkeit. Studien belegen, dass solche Systeme bei Minderheiten häufiger Fehler machen, was Diskriminierung und soziale Ungleichheit verstärken kann (NISTIR 8280, 2019). Der Einsatz von Videoüberwachung bleibt damit ein sensibles Spannungsfeld zwischen dem Bedürfnis nach Sicherheit und dem Schutz von Freiheitsrechten.

Datenschutzrechtliche Einordnung

Während die Europäische Union mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) klare Regeln dafür setzt, unter welchen Bedingungen Videoüberwachung zulässig ist, sind die Vorgaben außerhalb Europas oft deutlich weniger streng.

In der EU gelten Grundsätze wie Verhältnismäßigkeit und Zweckbindung, insbesondere bei der Verarbeitung sensibler Daten wie Gesichtsbildern. Doch auch innerhalb Europas gibt es Unterschiede: Frankreich etwa setzt deutlich stärker auf Videoüberwachung im öffentlichen Raum als Deutschland. Nach mehreren Terroranschlägen wurde das Überwachungssystem in Paris erheblich ausgebaut. Heute kommen dort etwa 318 Kameras auf jeden Quadratkilometer.

In Ländern wie Großbritannien, den USA oder China wird Videoüberwachung wesentlich großzügiger eingesetzt. Hier kommen zunehmend Technologien wie Gesichtserkennung und KI-gestützte Videoanalysen zum Einsatz, die nicht nur einzelne Orte gezielt überwachen, sondern auch umfassende Bewegungs- und Verhaltensprofile erstellen. In Peking ist auf diese Weise ein weitreichendes Kontrollsystem entstanden, das tief in die Privatsphäre der Bevölkerung eingreift. Dort sind inzwischen mehr als 800.000 öffentliche Überwachungskameras installiert.

Datenschützer warnen, dass mit solchen Entwicklungen eine neue Dimension der Überwachung entsteht, die grundlegende Rechte gefährden und die Freiheit des Einzelnen erheblich einschränken könnte.

Miloš Djurdjević, Co-Founder und Managing Director von heyData: „Die wachsende Zahl an Kameras und der Einsatz neuer Technologien wie Gesichtserkennung bergen enorme Risiken für unsere Freiheit. Wenn wir nicht aufpassen, könnten öffentliche Räume bald Orte werden, an denen Menschen sich nur noch überwacht und eingeschränkt bewegen. Deshalb brauchen wir weitere klare Regeln und eine offene Debatte über die Grenzen von Überwachung.“

Für weitere Ergebnisse sowie ausführliche Einordnungen und Hintergründe zur Untersuchung besuchen Sie bitte folgende Webseite: heydata.eu/studien/videoueberwachung-weltweit-zwischen-schutz-und-eingriff-in-unsere-freiheit