Die Gesellschaft für Informatik e. V. begrüßt die Schaffung eines globalen Rechtsrahmens zur Bekämpfung von Cyberkriminalität durch die Vereinten Nationen, kritisiert jedoch schwerwiegende Mängel, die den Schutz der digitalen Grundrechte erheblich gefährden, und fordert substanzielle Nachbesserungen.
Der Ad-Hoc-Ausschuss für Cyberkriminalität der Vereinten Nationen hat Mitte August eine Konvention zur Cyberkriminalität (UN Cybercrime Convention) verabschiedet und damit eine von Russland vorgeschlagene Vereinbarung unterstützt, die im September von der Generalversammlung beschlossen werden soll. Die Konvention schafft zum ersten Mal einen Rechtsrahmen für Cyberkriminalität und Datenzugang auf globaler Ebene.
Die Gesellschaft für Informatik (GI) begrüßt grundsätzlich die Schaffung eines globalen Rechtsrahmens zur Bekämpfung von Cyberkriminalität.
Sie kritisiert jedoch scharf, dass die Konvention trotz intensiver internationaler Verhandlungen und zahlreicher Warnungen aus der Zivilgesellschaft weiterhin schwerwiegende Mängel enthält, die den Schutz der digitalen Grundrechte erheblich gefährden.
Christine Regitz, Präsidentin der GI: „Die Ausgestaltung der Konvention in ihrer aktuellen Fassung kann zu Rückschritten beim Schutz digitaler Grundrechte führen. Während der Kampf gegen Cyberkriminalität ohne Zweifel notwendig ist, dürfen wir nicht zulassen, dass er auf Kosten grundlegender Freiheitsrechte geführt wird. Die vorliegende Konvention öffnet Tür und Tor für weitreichende Überwachungsmaßnahmen und missbräuchliche Strafverfolgung.“
Martin Weigele, GI-Arbeitskreis Datenschutz und IT-Sicherheit: „Wir fordern die internationale Gemeinschaft und insbesondere die Bundesregierung auf, sich für Nachbesserungen an der UN Cybercrime Convention einzusetzen. Wir müssen sicherstellen, dass der Schutz vor Cyberkriminalität nicht auf Kosten der digitalen Grundrechte erfolgt. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Sicherheit und Freiheit ist unerlässlich, um das Vertrauen in die digitale Welt zu bewahren.“
Die GI sieht insbesondere folgende Punkte als problematisch an:
- Ermöglichung weitreichender Überwachungsbefugnisse: Die Konvention ermöglicht es den Vertragsstaaten, umfangreiche Überwachungsmaßnahmen ohne hinreichende rechtsstaatliche Kontrolle durchzuführen. Diese Maßnahmen könnten leicht missbraucht werden, um legitimen Protest oder Dissens zu unterdrücken.
- Unklare Definitionen: Die vagen und weit gefassten Definitionen von Straftaten im digitalen Raum bergen die Gefahr, dass auch legitime Handlungen, wie Whistleblowing oder der Einsatz von Verschlüsselung, kriminalisiert werden.
- Mangelnde Schutzvorkehrungen für Grundrechte: Die Konvention versäumt es, ausreichende Garantien für den Schutz der Meinungsfreiheit, des Datenschutzes und anderer digitaler Grundrechte zu verankern. Dadurch besteht die Gefahr, dass autoritäre Regime die Konvention nutzen, um die digitale Freiheit weiter einzuschränken.
- Vorratsdatenspeicherung und Echtzeitüberwachung wird Vorschub geleistet: Die Konvention ermöglicht den Mitgliedsstaaten die Einführung von Vorratsdatenspeicherungen und von Echtzeitüberwachungen.
Die GI wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass die digitale Transformation in Deutschland und weltweit nicht nur nach den Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit erfolgt, sondern auch die Grundrechte in besonderer Weise schützt.
Über die Gesellschaft für Informatik e.V.
Die Gesellschaft für Informatik e.V. (GI) ist die größte Fachgesellschaft für Informatik im deutschsprachigen Raum. Seit 1969 vertritt sie die Interessen der Informatikerinnen und Informatiker in Wissenschaft, Gesellschaft und Politik und setzt sich für eine gemeinwohlorientierte Digitalisierung ein. Mit 14 Fachbereichen, über 30 aktiven Regionalgruppen und unzähligen Fachgruppen ist die GI Plattform und Sprachrohr für alle Disziplinen in der Informatik. Die GI hat sich Ethische Leitlinien gegeben, die ihren Mitgliedern als Orientierung dienen. Weitere Informationen finden Sie unter www.gi.de