Aktuelle Studie von KPMG: Kundenbedürfnisse und Regulatorik durch Sourcing im Blick
Fachkräftemangel, Kostendruck, Digitalisierung: Die Herausforderungen in der Finanzbranche sind vielfältig. Effektives Sourcing ist eines der Mittel, mit denen Finanzdienstleister diesen Hürden begegnen können. Doch wie und mit welchem Ziel lagert die Branche Aufgaben aktuell aus? Wodurch sind Einsatz, Umfang und Management von Sourcing möglichst erfolgreich? Diesen Fragen ist KPMG in der neuen Studie „Sourcing in der Finanzbranche“ nachgegangen. Ergebnis: Sourcing umfasst längst nicht mehr nur den technologischen Zukauf. Denn sowohl bei standardisierten Aufgaben als auch im Bereich der Kundenschnittstelle prägt es den Unternehmenserfolg. Worauf es jetzt ankommt, damit Finanzinstitute am besten von dieser Möglichkeit profitieren und wie sie diese ausweiten, weiß Daniel Wagenknecht. Er ist Partner bei der KPMG AG Wirtschaftsprüfgesellschaft und IT-Transformationsexperte. Hier ordnet er die Erkenntnisse der Studie ein.
Konzentration auf Kernkompetenzen, Zugang zu Innovationen und Wissen, Freiräume für strategische Aufgaben: Sourcing hat viele Vorteile – und die Finanzbranche hat sie längst erkannt. So bewerten 90 Prozent der Finanzdienstleister ihre Sourcing Readiness als hoch. Ihre Top-Ziele sind dabei höhere Qualität (46 Prozent), gesteigerte Effizienz (42 Prozent) und finanzielle Flexibilität (40 Prozent), um ihren Kunden so hochwertige Dienstleistungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette anzubieten. Zudem sehen 61 Prozent der Finanzdienstleister das Modell als essenziell für die digitale Transformation. Die zentralen Ergebnisse der Studie „Sourcing in der Finanzbranche“ von KPMG zeigen: Die Finanzbranche möchte sich zunehmend automatisieren und digitalisieren, Arbeitsprozesse effizienter gestalten und die Qualität der eigenen Dienstleistungen verbessern. Aber um dieses Ziel zu erreichen, sind noch einige Schritte zu gehen.
Umfang von Sourcing ist ausbaufähig
Am verbreitetsten ist die Auslagerung von Aufgaben in der IT, was aus der historischen Rolle der IT als Vorreiter für dieses Modell resultiert. Rund die Hälfte der befragten Unternehmen nutzt Sourcing außerdem an der Kundenschnittstelle, die in der digitalen Ära sowohl jederzeit verfügbar und nutzerfreundlich sein als auch stetig neue Funktionen beinhalten muss. Passend dazu trägt Sourcing maßgeblich zur Verbesserung der Customer Experience bei. Und hier liegt auch künftig das größte Wachstumspotenzial. Genauer gesagt: Bei der Auslagerung von Aufgaben, die nicht zu den Kernkompetenzen des Finanzdienstleisters gehören. Zudem ermöglicht Sourcing einen spezialisierteren Zugang zu Technologie. So erhoffen sich mehr als die Hälfte der Befragten durch die Nutzung Zugang zu Cloud Services, (Gen)AI und Machine Learning.
Compliance und technische Anbindung herausfordernd
Neben diesem besonderen Zugang zu Technologie bietet Sourcing aber vor allem eine bessere Qualität sowie mehr Effizienz. Die Vorteile sind unbestritten. Allerdings gibt es bei einigen Finanzdienstleistern noch Hindernisse in der Implementierung. Diese sehen sie vor allem beim Datenschutz (39 Prozent), regulatorischen Anforderungen (31 Prozent) und technischen Anbindungen (31 Prozent). Wichtig ist bei der Lösung dieser Herausforderungen ein strategischer Angang: Unternehmen sollten auf Sourcing ausgelegte Kompetenzen und Organisationsstrukturen aufbauen. Denn so können sie die Methode in ihrer digitalen Transformation effizient nutzen und flexibel und agil auf Herausforderungen reagieren.
Delivery-Modelle: Offshore-Vorteile stärker nutzen
Die Wahl des richtigen Delivery-Modells ist ein entscheidender Schritt für Unternehmen, um auf spezifische Kompetenzen zuzugreifen und Kosten zu senken. Das meistgenutzte Modell ist Onshore (42 Prozent), was laut den Befragten auch in den kommenden Jahren so bleiben soll. Die Auslagerung der Geschäftsprozesse im eigenen Land ermöglicht einfache Kommunikation und hohe Kontrolle. Offshore-Modelle außerhalb Europas bieten mehr Flexibilität und einen größeren Talent-Pool, werden jedoch nur von acht Prozent der befragten Finanzdienstleister genutzt. Die Unternehmen sollten ihre Shoring-Strategie für die Zukunft konkurrenzfähig ausrichten und Offshore als Option stärker in Betracht ziehen. Nur so können sie ihren Sourcing-Umfang erhöhen, die finanziellen Vorteile realisieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken.
Hohe Standards zu attraktiven Preisen von Sourcing-Anbietern gefordert
Neben dem Modell ist die Wahl der Anbieter selbst entscheidend für den Erfolg des Sourcings. Qualität spielt dabei für die Hälfte der Finanzdienstleister eine wichtige Rolle, da sie die Kundenzufriedenheit direkt beeinflusst und eine bedeutende Funktion bei der Risikominderung übernimmt, insbesondere im Bereich der Compliance und Sicherheit. Preis (47 Prozent) sowie Flexibilität und Skalierbarkeit (44 Prozent) sind ebenfalls von großer Priorität. Finanzdienstleister streben danach, ihre Betriebskosten zu minimieren und ihren Kunden kostengünstige Lösungen anzubieten, um sich im Wettbewerb zu behaupten. Marktschwankungen, Spitzenlasten und die Einführung neuer Technologien erfordern zudem eine hohe Flexibilität und Skalierbarkeit, um den wechselnden Marktanforderungen gerecht zu werden.
Mit Software Sourcing transparent managen
Um die Anzahl der Dienstleister effektiv zu verwalten, ist es unerlässlich, ein softwaregestütztes Sourcing Management zu implementieren. Das wissen auch die Finanzunternehmen: Bei 96 Prozent von ihnen ist das Sourcing Management softwaregestützt. 40 Prozent der Finanzdienstleister haben es bereits in eine übergreifende Compliance- und Risiko-Softwaresuite integriert. Angesichts ihrer komplexen IT-Infrastruktur und strengen regulatorischen Auflagen bietet dies die meisten Vorteile. Als Zwischenschritt bietet es sich an, die Software eines spezialisierten Anbieters zu nutzen. 32 Prozent der Studienteilnehmer tun das bereits.
Alles in allem ist Sourcing in der Finanzbranche zum Standard geworden, um den wandelnden regulatorischen Anforderungen sowie Kundenbedürfnissen gerecht zu werden. Die Basis für das Sourcing ist gelegt, und Finanzdienstleister fühlen sich für diese Aufgabe gerüstet. Nun obliegt es ihnen, die Auslagerung effektiv zu gestalten. Dabei gilt es, Schwachstellen zu erkennen, bestehende Strukturen kritisch zu hinterfragen und sich neuen Möglichkeiten zu öffnen. Nur so können Finanzdienstleister dem zunehmenden Innovationsdruck und Wettbewerb erfolgreich begegnen.