Die Überprüfung von Ausweisdokumenten im Onlinehandel und -banking via Video-Ident ist kostspielig und nicht immer zuverlässig. Das automatisierte ID Proofing sorgt für Abhilfe.
Wer schon einmal ein Konto bei einer Online-Bank eröffnet oder eine Prepaid-SIM-Karte freigeschaltet hat, kennt das Prozedere: Zur Überprüfung der Identität wird man am Computer oder Smartphone mit einem Mitarbeiter verbunden, der per Videochat das Ausweisdokument überprüft und insbesondere das biometrische Foto mit dem Aussehen des Nutzers abgleichen muss. Als technologische Fortentwicklung des Postident-Verfahrens erspart Video-Ident zwar den Gang zur Postfiliale – räumt aber für Unternehmen nicht alle Probleme aus dem Weg. Insbesondere die zeitliche Verfügbarkeit, die sich auf die Arbeitszeiten der Mitarbeiter beschränkt, wirkt in Zeiten von 24/7- Onlineshopping nicht mehr zeitgemäß. Die Zukunft gehört deshalb einem automatisierten Verfahren, das jederzeit einsatzbereit, absolut zuverlässig und dabei günstiger ist: das sogenannte Identity Proofing, kurz ID Proofing.
Das ID Proofing ist die technologische Weiterentwicklung der bisher üblichen Maßnahmen zur Identitätsprüfung. Benötigt werden lediglich der Ausweis, der Kunde selbst sowie ein internetfähiges Gerät mit Kamera – etwa ein Smartphone, Laptop oder Tablet. Im Rahmen der Prüfung werden die Gesichtsbiometrie und das Ausweisdokument abgeglichen, ohne dass ein menschliches Eingreifen notwendig ist.
Branchenübergreifender Bedarf
Der rechtssichere Abgleich von biometrischen Ausweisdokumenten mit der Person, die diese vorlegt, ist in vielen Wirtschaftszweigen die Grundvoraussetzung für das Zustandekommen eines Geschäfts: Das betrifft zum einen Banken und andere Finanzinstitutionen, die zur Verhinderung von Steuerhinterziehung und Geldwäsche die Identität ihrer Kunden zweifelsfrei feststellen und dokumentieren müssen.
Auch die Mobilfunksparte setzt auf die Identitätsprüfung: So sind alle Anbieter in Deutschland seit der Neufassung des Telekommunikationsgesetzes im Jahr 2017 dazu verpflichtet, Prepaid-SIM-Karten erst nach einer Prüfung der Ausweisdokumente des Käufers freizuschalten. Die Regelung soll vor allem verhindern, dass Kriminelle oder Terroristen die Karten erwerben und für die anonyme Kommunikation nutzen.
Eine weitere Branche, in der der Identitätsprüfung zentrale Bedeutung zukommt, ist das Glücksspiel: In Deutschland ist mit dem neuen Glücksspielstaatsvertrag von 2021 die Grundlage geschaffen worden, um Online-Casinos den Erwerb offizieller Glücksspiellizenzen zu ermöglichen. Gleichzeitig sind die Casinos an strenge Auflagen gebunden: Die Identitätsprüfung soll hier vor allem verhindern, dass Minderjährige oder Personen, die sich selbst für Glücksspiel-Angebote gesperrt haben, ein Spielerkonto einrichten können.
Bisherige Verfahren sind teuer und fehleranfällig
Allen genannten Branchen gemeinsam ist, dass ihnen bisherige Verfahren zur Identitätsprüfung – seien sie an ein persönliches Erscheinen gebunden oder in Form eines Video-Chats implementiert – viele Hindernisse in den Weg legen:
- Insbesondere die Video-Authentifizierung bindet in starkem Maße personelle Ressourcen; das gilt sowohl für die Realisierung innerhalb des eigenen Unternehmens als auch für das Outsourcing. Dabei fallen nicht nur die Lohnkosten ins Gewicht. Zu bedenken ist auch, dass Mitarbeiter durch Krankheit ausfallen können und ihre Leistung aufgrund der stark repetitiven Tätigkeit schwanken kann – was zu langsameren Bearbeitungszeiten, Flüchtigkeitsfehlern und letztlich verminderter Produktivität führt.
- Die Verfügbarkeit der Ausweisprüfung hängt – etwa im Falle von Post-Ident – von Ladenöffnungszeiten oder beim Video-Ident von den Arbeitszeiten der Mitarbeiter ab. Soll eine Verfügbarkeit rund um die Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen garantiert werden, ist dies mit zusätzlichen, oft prohibitiv hohen Kosten verbunden.
Darüber hinaus schätzen es nicht alle Nutzer, beim Video-Ident mit einem menschlichen Operator sprechen zu müssen. Auch wenn die wenigsten Datenschutz-Bedenken hegen: dass ein fremder Mensch Teile der eigenen Wohnung oder auch nur das eigene übernächtigte, ungeschminkte oder verschnupfte Gesicht zu sehen bekommt, empfinden viele Menschen als unangenehm. Ist eine solche Prüfung nicht zu vermeiden, beginnt die neue Geschäftsbeziehung mit einem negativ konnotierten Erlebnis – das ist nicht der Start, den Unternehmen sich wünschen
ID Proofing schafft Abhilfe
Das automatische ID Proofing hilft, diese Klippen zu umschiffen:
- Zum einen ist die Anwendung kostengünstiger, da laufende Personalkosten entfallen. Die Anbieter stellen das Verfahren üblicherweise als Software-as-a-Service-Cloudlösung bereit und rechnen lediglich die erfolgten Prüfungen ab. Unternehmen zahlen also nur den tatsächlichen Aufwand und keine Leerlaufzeiten.
- Unternehmen können ihren Kunden mit ID Proofing eine 24/7-Verfügbarkeit garantieren – einschließlich der sonst oft problematischen Sonn- und Feiertage. Die Prüfung findet sofort statt, was sich deutlich besser in den Alltag vieler Kunden einfügt.
- Gleichzeitig wird Cyberattacken im Bereich Identitätsbetrug (Identity Fraud) mittels ID Proofing ein Riegel vorgeschoben: im Vergleich mit den Algorithmen des Prüfverfahrens sind Mitarbeiter deutlich fehleranfälliger.
- Das ID Proofing erfordert vom Nutzer keine Interaktion mit Mitarbeitern im Videochat und wird daher von vielen Menschen als stressfreier und angenehmer empfunden.
Zentral für den reibungslosen Ablauf des ID Proofing ist die Automatisierung aller Abläufe, die bislang von einem Kundendienst-Mitarbeiter übernommen wurden. Zum Nachweis der Identität muss der Nutzer lediglich seinen Ausweis vor die Kamera des Endgeräts halten. Dabei wird das Dokument automatisch erkannt und klassifiziert. Das ID Proofing erfasst dabei auch die Sicherheitsmerkmale von Ausweisen, also etwa Hologramme oder Lentikulare (ugs.: „Wackelbilder“). Im Anschluss wird die Identität der Person mithilfe der Video-Selfie-Funktion vollkommen autark mit dem Ausweisdokument abgeglichen. Als Abwehrmaßnahme gegen Betrugsversuche sorgt eine leistungsstarke biometrische Gesichtsverifizierung dafür, dass Manipulationen durch Masken, Ausdrucke oder Screenshots als solche erkannt werden und die Verifizierung gestoppt wird.
Negativ auf den Prüfprozess auswirken können sich Faktoren, die auch die Arbeit eines menschlichen Operators beeinträchtigen, beispielsweise grelles Gegenlicht in Verbindung mit einer schlechten Video-Qualität der verwendeten Webcam. Lediglich in solchen Einzelfällen ist die autarke Authentifizierung via ID Proofing nicht möglich. Eine Fallback-Lösung – etwa in Form einer Postident-Verifikation – ist für diese Situationen fest implementiert.