
Ein folgenschwerer Cyberangriff hat den Traditionsbetrieb Fasana in Euskirchen-Stotzheim in die Knie gezwungen. Der Hersteller von Papierservietten stellte zum 1. Juni Insolvenzantrag – ein Käufer wird dringend gesucht.
Von außen war es ein Tag wie jeder andere. Doch im Inneren des Werks der Firma Fasana spielte sich am 19. Mai ein Drama ab, das an einen Thriller erinnerte: Plötzlich spuckten sämtliche Drucker Erpresserschreiben aus – das Unternehmen war Ziel einer professionellen Cyberattacke geworden.
„Es ging nichts mehr“, berichtet ein Mitarbeiter gegenüber dieser Zeitung. Rechner, Laptops, Server – alles lahmgelegt. Die Produktion kam zum Stillstand, nur vorab programmierte Maschinen liefen noch kurzzeitig weiter. Innerhalb kürzester Zeit erlebte das Unternehmen mit über 100-jähriger Geschichte eine existenzbedrohende Krise.
Zwei Millionen Euro Umsatzverlust in zwei Wochen
Die Folgen ließen nicht lange auf sich warten: Bereits am Tag nach dem Angriff konnten Aufträge im Wert von über 250.000 Euro nicht ausgeführt werden. Über einen Zeitraum von zwei Wochen summierte sich der Schaden auf geschätzte zwei Millionen Euro an nicht realisiertem Umsatz. Am 1. Juni blieb dem Unternehmen kein anderer Ausweg, als Insolvenz anzumelden.
„Man konnte noch nicht mal einen Lieferschein ausdrucken. Das Geschäft lag komplett brach – mit allen negativen Konsequenzen“, sagt Insolvenzverwalter Dr. Dirk Wegener.
Nach dem Angriff liefen die Maschinen ein bis zwei Tage weiter – danach stand das Werk still. Wartung und Reinigung waren die einzigen Arbeiten, die noch möglich waren. Als Wegener Anfang Juni das Verfahren übernahm, war die Lage bereits prekär. Sogar eine Abschaltung des Stroms stand im Raum. Nur mit großem Einsatz der Belegschaft konnte dies verhindert werden.
Gehälter verspätet, Zeitdruck bei Käufersuche
Auch die rund 240 Mitarbeitenden spürten die Auswirkungen des Hackerangriffs unmittelbar. Das Gehalt für Mai konnte zunächst nicht pünktlich ausgezahlt werden. Für das Insolvenzverfahren bedeutet dies zusätzlichen Zeitdruck: Statt der üblichen zwölf bleiben nun nur acht Wochen, um einen Investor zu finden.
„Wir suchen jemanden, der den Betrieb in seiner Gesamtheit übernimmt – Maschinen, Mitarbeitende, Know-how“, erläutert Wegener. Ein Gläubigerausschuss werde derzeit eingerichtet, um gezielt nach nationalen und internationalen Interessenten zu suchen. Erste Rückmeldungen gebe es bereits.
Doch der Insolvenzverwalter dämpft die Erwartungen: Der Markt sei schwierig, Rohstoffpreise hoch, und die nahende Sommerpause erschwere zusätzlich eine schnelle Lösung. Sollte sich eine tragfähige Perspektive abzeichnen, könne das Verfahren um vier Wochen verlängert werden.
IT in Trümmern – analoge Notlösungen
Die Täter, die über das Darknet kontaktiert werden wollten, verfolgten keine politischen Motive, sondern forderten Geld. In der Folge nahm Fasana rund 190 Rechner aus dem Betrieb, ließ sie durch externe IT-Spezialisten untersuchen und neu aufsetzen. Digitale Parallelstrukturen wurden geschaffen, um zumindest eine eingeschränkte Kommunikation zu ermöglichen.
Drei Wochen nach dem Angriff ist die IT zwar teilweise wiederhergestellt, aber weit von einem Normalzustand entfernt. Im Kundenservice etwa ist derzeit nur ein einziger Arbeitsplatz funktionsfähig – bei zehn Beschäftigten. Selbst banale Kommunikationswege waren gestört: Informationen wurden handschriftlich auf Zetteln an Türen verteilt.
Auch das wichtige Pfingstgeschäft litt: Ein Antrag für eine Sondergenehmigung zur Feiertagsarbeit blieb im digitalen Nirwana hängen – die Produktion am Pfingstmontag fiel aus.
Zukunft ungewiss – Hoffnung bleibt
Trotz aller Rückschläge gibt sich Insolvenzverwalter Wegener vorsichtig optimistisch: „Die Produktion ist teilweise wieder angelaufen. Es gibt Interessenten. Noch ist es nicht zu spät.“
Für die Mitarbeitenden und das Unternehmen bleibt die Hoffnung, dass sich schnell ein Käufer findet – und der Albtraum ein Ende hat, bevor endgültig das Licht ausgeht.
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