
Anlässlich der EU-NATO-Task Force über die Resilienz der Kritischen Infrastruktur (KRITIS) in Europa mehren sich auch in Deutschland die Diskussionen darüber, wie diese bestmöglich geschützt werden kann. Die vier Schlüsselbereiche, die laut des vor Kurzem veröffentlichten EU/NATO-Papiers eine erhöhte Anfälligkeit für Cyber-Angriffe bieten und somit besonders schützenswert sind, sind Energie, Verkehr, digitale Infrastruktur und Weltraum. Angriffe auf diese Ziele sind für Kriminelle und Saboteure auf Grund der potenziellen Schäden für die Gesellschaft überaus lohnend. Dieses Problem ist in Deutschland besonders ausgeprägt, da sich fast vier Fünftel der kritischen Infrastrukturen in privater Hand befinden. Daraus ergeben sich Herausforderungen in Bezug auf die Transparenz und die Standardisierung von Sicherheitspraktiken. Lösungsansätze, die menschliche Expertise effektiv einsetzen, können helfen, Schwachstellen aufzuspüren, die Angriffsfläche möglichst klein und das Sicherheitsrisiko gering zu halten.
Die Digitalisierung bietet zweifellos viele Vorteile: Der weltweite Informations- und Datenaustausch in Sekundenschnelle sowie die Automatisierung in der Produktion sind nur zwei Beispiele davon. Doch wo viel Licht ist, da ist auch Schatten. Durch eine immer komplexere, digitale Welt werden die Angriffspunkte für böswillige Akteure immer vielschichtiger und die Auswirkungen verheerender.
Vergrößerung der Angriffsfläche: Schwachstellen und Lieferkettenangriffe
Gerade jetzt verlangen kritische Infrastrukturen mehr Aufmerksamkeit, da sich die Bedrohungslage an verschiedenen Stellen verschärft: Im Krieg um die Ukraine finden derzeit koordinierte Cyberangriffe statt. Auch für Deutschland, das seine Unterstützung für die Ukraine zum Ausdruck bringt, ist das eine ernstzunehmende Gefahr, da Verbündete Kiews ebenfalls zunehmend ins Visier der Angreifer geraten.
Cyberkriminelle wollen mit möglichst geringem Aufwand maximalen Schaden erzielen. Dafür suchen sie bei potenziellen Zielen nach Schwachstellen, die sie für ihre Zwecke missbrauchen können. Vergessene Altsysteme, nicht-gepatchte Software, Fehlkonfigurationen oder schwache Anmeldeinformationen können für Angreifer ein Einfallstor ins Netzwerk darstellen. Oftmals kommt Schadsoftware gar nicht direkt über die hauseigene IT ins System, sondern durch Sicherheitslücken in externen Unternehmen, wie Zulieferern, Softwareanbietern oder Partnern. Zieht man die Lieferketten mit in Betracht, vergrößert sich die Angriffsfläche bei kritischen Infrastrukturen noch erheblich. Regulativ versucht man dieser Tatsache zu begegnen, indem auch für Partner von KRITIS-Unternehmen erhöhte Sicherheitsauflagen gelten. Dennoch ist die Infrastruktur eines Unternehmens nur so stark wie ihr schwächstes Glied.
Prävention muss verstärkt werden
Die Verschärfung der Bedrohungslage ist daran erkennbar, dass Cyberkriminelle zunehmend Schwachstellen ausnutzen, die in der Cyber-Hygiene von IT-Sicherheitsteams bislang eher eine untergeordnete Rolle gespielt haben. Dies zeigt, dass kritische Infrastrukturen ihren Sicherheitsansatz anpassen müssen. Die Prävention muss verstärkt und die Reaktionsfähigkeit auf Sicherheitslücken verbessert werden. Anomalien und verdächtiges Verhalten müssen möglichst schnell erkannt werden, um erforderliche Maßnahmen einzuleiten. Allerdings arbeiten die meisten IT-Sicherheitslösungen reaktiv und erkennen einen Schaden erst, wenn er bereits im System ist oder ein Angreifer gerade versucht durch irgendeine Schwachstelle einzudringen. Doch wie kann man verhindern, dass ein Angriff überhaupt stattfinden kann? Dafür braucht es unkonventionellere Ideen und Methoden. Derartig spezifische Problemstellungen lassen sich lösen durch erfahrene Spezialisten, die in ihrer Analyse genauso vorgehen wie Angreifer.
Organisationen lassen dafür ihr System von sogenannten White Hats hacken, um herauszufinden, wo unerkannte Schwachstellen sind. Das sind ethische Hacker, die rund um die Uhr und über Zeitzonen hinweg zusammenarbeiten, um gefährdete Netze genau im Auge zu behalten. Durch VDP- und Bug-Bounty-Programme werden Sicherheitsexperten aufgefordert, nach neuen und innovativen Schwachstellen zu suchen. Lücken oder „Hintertüren“, die viele böswillige Akteure nutzen, um sich Zugang zu kritischen Infrastrukturnetzen zu verschaffen – man denke nur an log4j – können so aufgespürt und im Anschluss geschlossen werden. Ein sofortiger Patch ist jedoch die Voraussetzung dafür.
Als zusätzliche Vorsichtsmaßnahme können Unternehmen auch von Drittanbietern verlangen, dass sie vergleichbare Sicherheitsprotokolle einführen, was zur Verbesserung der Cyberhygiene aller Glieder einer Softwarekette beiträgt und die Sicherheit kritischer Infrastrukturnetze stärkt.
Synergien schaffen
Ein Weg, wie kritische Infrastrukturen gegen die wachsende Cyber-Bedrohung gestärkt werden können, ist die Zusammenarbeit von Industrie, Regierung und Öffentlichkeit. Das EU/NATO-Papier spricht von Synergien, sowohl zwischen den einzelnen Mitgliedsländern als auch zwischen den Institutionen und Organisationen. Indem sie mit anderen zusammenarbeiten und offen Informationen austauschen, können Sicherheitsteams ihre Stärke in der Zahl ausbauen, aus früheren Ereignissen lernen und letztendlich Vertrauen aufbauen – was für Organisationen, die mit kritischer Infrastruktur arbeiten, von entscheidender Bedeutung ist.
Mehr Informationen unter www.hackerone.com
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