Hier, um zu bleiben: Werbebasierte Video-Dienste finden ihr Publikum. + Auf dem Weg aus der Nische: Virtual Reality im Aufwind. + Fit fürs E-Zeitalter: KI und Hochleistungsmaterialien stimulieren Chipentwicklung.
Wird 2023 das Jahr bahnbrechender Innovationsschübe oder gar der nächsten großen Technologie-Revolutionen? Die neueste Ausgabe der „Deloitte TMT Predictions“ richtet einmal mehr den Blick nach vorn und stellt die weltweit wichtigsten Trends aus Technologie, Medien und Telekommunikation fürs kommende Jahr vor. Übergreifendes Urteil der Deloitte-Expertinnen und -Experten: Epochale Neuheiten sind nicht in Sicht, 2023 steht für den TMT-Sektor vielmehr im Zeichen der Weiterentwicklung und Optimierung bestehender Technologien und Produkte.
„Politische Unsicherheit und die weltweite Konjunkturlage rund um Zinsentwicklung und Inflation hinterlassen auch im Branchenumfeld sichtbare Spuren – mit dem Effekt, dass sowohl für Unternehmen als auch für Konsumentinnen und Konsumenten gerade eher Pragmatismus an oberster Stelle steht“, so Dr. Andreas Gentner, Partner und Industry Lead Technology, Media & Telecommunications bei Deloitte. „Und trotzdem: Der gesamte TMT-Sektor bleibt in Bewegung und passt sich im Rekordtempo den sich ständig wandelnden Präferenzen am Markt an. Genau das spiegeln auch unsere aktuellen TMT Predictions wider.“
Das sind die spannendsten globalen Trends, die auch die deutsche Technologie-, Medien- und Kommunikationsindustrie im kommenden Jahr prägen werden:
1. Streaming mit Werbung: Bald im Main„stream“ angekommen?
Beim Serien-Marathon kurze Werbeunterbrechungen in Kauf nehmen und dafür weniger oder gar nichts fürs Abo zahlen? Für immer mehr Streaming-Kundinnen und -Kunden klingt das nach einem fairen Deal: Deloitte prognostiziert, dass bis Ende 2023 zwei Drittel des Streaming-Publikums in Industrieländern mindestens einen werbebasierten Video-on-Demand-Dienst (AVoD) regelmäßig nutzen werden. Es wird außerdem erwartet, dass im kommenden Jahr alle großen Streaming-Dienste in den entwickelten Märkten ein werbefinanziertes oder -unterstütztes Abo-Modell als Ergänzung zu den werbefreien Optionen im Portfolio haben. Auch auf dem deutschen Markt wird sich im kommenden Jahr, passend zur wachsenden Nachfrage, die Angebotspalette erweitern: Wie aus dem aktuellen Deloitte Digital Consumer Trends Survey hervorgeht, ist hierzulande knapp ein Drittel der Befragten offen für werbegestütztes Streaming.
2. Live-Sport befeuert Streaming-Wettbewerb
Die letzten Vertragsabschlüsse zur Übertragung von Live-Sportrechten weisen in ein und dieselbe Richtung: Live-Sport ist nicht nur bei den Streaming-Diensten angekommen, sondern inzwischen eines ihrer großen Zugpferde – und damit ein gewichtiges Pfund, das sie im Kampf um die Streaming-Kundschaft in den Ring werfen können. 2023 werden Anbieter mehr als 6 Mrd. US-Dollar in die weltweit größten Märkte für Sportrechte investieren, um ihre Zielgruppen über attraktive Sportinhalte zu erreichen. Spannende News für das Live-Sport-begeisterte deutsche Publikum, das Bundesliga, NFL und Co. zunehmend über Streaming abruft. Auch dessen Anteil wird im nächsten Jahr steigen.
3. Virtual Reality (VR) kommt aus der Deckung
Bislang ist der große Siegeszug der VR-Technologie ausgeblieben, trotz des anfänglichen Hypes. Auch dank immer attraktiverer Inhalte könnte nun der Knoten platzen: Im kommenden Jahr wird der VR-Markt laut Deloitte-Prognose einen globalen Umsatz von 7 Mrd. US-Dollar generieren – ein Anstieg um beachtliche 50 Prozent im Vorjahresvergleich. Davon entfallen 90 Prozent (6,3 Mrd. US-Dollar) auf den Verkauf von VR-Headsets, während die übrigen 10 Prozent (0,7 Mrd. US-Dollar) VR-Inhalte – hauptsächlich Spiele – ausmachen werden. Damit legt der Gerätebestand im kommenden Jahr voraussichtlich auf weltweit 22 Mio. Headsets zu, was einem Plus von knapp 50 Prozent seit Mitte 2022 entspricht. Auch in Deutschland nimmt VR deutlich an Fahrt auf: 2023 werden hierzulande fast 1,5 Mio. VR-Brillen im Einsatz sein.
4. Mehr Breitband aus dem All, weniger Platz im Orbit
Internet von weit oben: Bis Ende 2023, so die Deloitte-Expertinnen und -Experten, werden über 5.000 Breitbandsatelliten ihre Bahnen um die Erde ziehen und dabei knapp 1 Mio. Menschen mit High-Speed-Internet versorgen – egal, wie abgeschieden deren Standort ist. Sollten den bisherigen Ankündigungen zahlreicher Unternehmen auch Taten folgen, könnten bis 2030 sieben bis zehn Netzwerke mit insgesamt 40.000 bis 50.000 Satelliten in Betrieb sein, die mehr als 10 Mio. Endnutzer bedienen. In den orbitalen Umlaufbahnen wird es also zunehmend enger zugehen – was in Zukunft deutlich höhere Koordinations- und Kooperationsaufwände für alle Beteiligten nach sich ziehen wird.
5. KI und Hochleistungsmaterialien bei Halbleitern auf dem Vormarsch
Wie lassen sich 100 Mrd. Transistoren auf nur wenigen Quadratzentimetern anordnen? Mithilfe des Einsatzes von künstlicher Intelligenz (KI) im Bereich Electronic Design Automation (EDA) können Halbleiterhersteller ihre Chips noch schneller, günstiger und effizienter produzieren. Laut Deloitte-Prognose werden die weltweit führenden Halbleiterunternehmen im kommenden Jahr 300 Mio. US-Dollar für externe und interne KI-Chip-Design-Tools aufwenden. Bis 2026 wird sich diese Zahl um jährlich 20 Prozent auf über 500 Mio. US-Dollar erhöhen.
Um den künftigen Anforderungen von E-Mobilität, supereffizienten Ladegeräten oder leistungsstarken Solarzellen gerecht zu werden, tritt das „klassische“ Halbleiterelement Silizium in diesen Bereichen zunehmend in den Hintergrund. Materialien wie Galliumnitrid (GaN) und Siliziumkarbid (SiC) eignen sich deutlich besser für höhere Spannungen und Belastbarkeit. Im kommenden Jahr werden GaN- und SiC-Halbleiter einen Umsatz von insgesamt 3,3 Mrd. US-Dollar erwirtschaften – fast 40 Prozent mehr als im Vorjahr. Für 2024 wird sogar ein Umsatz von mehr als 5 Mrd. US-Dollar erwartet.
„Mit dem European Chips Act hat die EU ein Signal in Richtung sichere Chipversorgung, Wettbewerbsfähigkeit und digitale Souveränität ausgesendet. Sowohl KI-Chip-Design-Tools als auch die vermehrte Produktion aus Hochleistungsmaterialien werden hierfür ganz entscheidende Bausteine sein“, so Dr. Andreas Gentner. „Gerade Letzteres hat für den Wirtschaftsstandort Deutschland eine herausgehobene Bedeutung, wenn sich der Fokus in den kommenden Jahren weiter auf Elektromobilität verlagert.“
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