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Geht der Mittelstand am Fachkräftemangel zugrunde?

Mehr als zwei Drittel der Unternehmen sind betroffen. Es fehlt vor allem an Software-Spezialisten.

Der Fachkräftemangel in Deutschland spitzt sich zu. Immer mehr mittelständische Unternehmen leiden unter fehlendem Personal. Vor allem Mitarbeiter mit digitalen Kompetenzen werden schmerzlich vermisst. In der Vergangenheit waren Weiterbildungen ein probates Mittel, um entsprechende Wissenslücken zu schließen. Allerdings haben viele Firmen ihre Schulungsmaßnahmen in der Pandemie zurückgefahren. Und selbst eine Rückkehr auf Vorkrisenniveau würde nicht mehr reichen, um das Know-how der Mitarbeiter in Sachen Digitalisierung schnell genug auf den heute geforderten Stand zu bringen. Denn: Die Wissenslücken sind mittlerweile vielerorts schlicht zu groß. Und: Viele Schulungsangebote können mit der rasanten technologischen Weiterentwicklung nicht mithalten.

Auf den ersten Blick sieht es derzeit rein wirtschaftlich betrachtet nicht schlecht aus für den deutschen Mittelstand: Mehr als jedes zweite nicht-kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mindestens zehn Millionen Euro Umsatz bezeichnet seine Geschäftslage derzeit als gut. Besonders zufrieden zeigen sich die chemisch-pharmazeutische Industrie (72 Prozent) sowie Bauunternehmen (61 Prozent) und im Maschinenbau gab dies jeder zweite Betrieb an. Wesentlich negativer ist dagegen die Einschätzung der Automobilbranche: Nur 29 Prozent bezeichnen ihre derzeitige Situation als gut. Zu diesen Ergebnissen kommt das Mittelstandsbarometer der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY, für das im vergangenen Jahr rund 800 Firmen befragt wurden. Ein Thema macht den Unternehmen über die bloße wirtschaftliche Performance hinaus allerdings quer durch alle Branchen schwer zu schaffen: der Fachkräftemangel. 67 Prozent der von EY befragten Firmen bezeichneten die Suche nach qualifizierten Fachkräften als große Herausforderung – 2020 waren es noch 54 Prozent.

Vor allem Personal für Digitalprojekte ist Mangelware

Einige Branchen haben es dabei besonders schwer, ausreichend qualifizierte Mitarbeitende zu finden. Hierzu zählen Elektrotechnikbetriebe (94 Prozent), die chemisch-pharmazeutische Industrie (90 Prozent) sowie Unternehmen aus der Metallerzeugung und -verarbeitung (88 Prozent). Vor allem für Digitalisierungsprojekte fehlt immer mehr Personal. Laut einer Umfrage des Branchenverbands Bitkom unter mehr als 850 deutschen Unternehmen ist die Zahl der freien Stellen für IT-Fachkräfte 2021 auf 96.000 gestiegen. Das sind zwölf Prozent mehr als im Jahr 2020, in dem die Zahl der Vakanzen bei 86.000 lag. Seit der Ersterhebung 2011 war diese Zahl nur einmal höher, nämlich im Vor-Corona-Jahr 2019 mit 124.000.

Zwei Drittel der befragten Firmen rechnen damit, dass sich die angespannte Situation auf dem IT-Arbeitsmarkt in Zukunft weiter verschärfen wird. Die Experten von Bitkom sehen darin eine große Gefahr für die Fortschritte bei der Digitalisierung. Mit Abstand am gefragtesten sind Software-Spezialisten: Laut Bitkom-Studie suchen mehr als vier von zehn Unternehmen (41 Prozent) Software-Entwickler beziehungsweise Software-Architekten. Großer Bedarf besteht zudem an IT-Projektmanagern und -Administratoren, Data Scientists und Big-Data-Spezialisten sowie bei Datenschutz- und IT-Sicherheitsexperten.

Weniger Weiterbildungen seit Corona

Um die angespannte Lage in diesen Berufsfeldern zu entschärfen, fordert der Branchenverband hierfür eine bessere Aus- und Weiterbildung. Die Schulungsbranche ist darauf bereits vorbereitet. Die meisten Dienstleister (84 Prozent) haben Trainings in Digitalkompetenzen im Programm, wie eine Analyse von KfW Research auf Basis des repräsentativen KfW-Mittelstandspanels aus dem Jahr 2020 belegt. Bei jedem zweiten Schulungsanbieter nehmen digitale Skills sogar eine zentrale Rolle im Lehrplan ein. Am häufigsten geht es dabei um grundlegende Fähigkeiten bei der Bedienung von IT-Systemen und Standardsoftware (77 Prozent). Fortgeschrittene Digitalkompetenzen wie Programmierkenntnisse und statistische Analysen werden von knapp der Hälfte (47 Prozent) adressiert. Allerdings hat die Covid-19-Krise dem Weiterbildungsmarkt einen kräftigen Dämpfer verpasst: Laut KfW Research ermöglichten 2020 nur 36 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen ihren Mitarbeitern eine Weiterbildung. Vor der Krise lag dieser Wert noch bei 50 bis 55 Prozent.

Ständig neue Anforderungen an Mitarbeiter

Selbst eine zügige Rückkehr der Weiterbildungsmaßnahmen auf Vorkrisenniveau würde angesichts der aktuellen Herausforderungen nicht mehr reichen, um die digitalen Lücken zu schließen. Denn die starke Dynamik der digitalen Transformation verändert die Anforderungen an die Qualifikation der Beschäftigten permanent. Die KfW fordert daher staatliche Mindeststandards für Schulungen und eine stärkere finanzielle Förderung. Zudem müssten die Hoch- und Berufsschulen eine größere Rolle in der Weiterbildung spielen, etwa in Form von Kooperationen mit Unternehmen und Schulungsanbietern, die in konkrete Fortbildungsprogramme münden. Wichtig sei auch die Schaffung einer Betreuungsinfrastruktur, um die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Bildung zu fördern.

Simone Seidel, Director People Central Europe bei Sage, kommentiert: „Die Corona-Krise hat verdeutlicht, wie wichtig die digitale Transformation für Unternehmen ist und hat die Dynamik der Digitalisierung in bislang nicht bekanntem Maße vorangetrieben. Gleichzeitig hat die Pandemie aber auch dazu geführt, dass einige Mitarbeiter in ihren Betrieben weniger Fortbildungsmöglichkeiten haben. Das heißt: Der Nachholbedarf an digitalem Know-how wächst seit zwei Jahren unaufhaltsam. Wirtschaft und Politik müssen jetzt alles tun, um zu verhindern, dass Digitalisierungsprojekte ausgebremst werden, weil Fachkräften das nötige Wissen fehlt. Unsere Empfehlung für den Mittelstand wäre daher, wieder deutlich mehr in Weiterbildungen zu investieren und dabei sogar noch über das Niveau der Vorkrisenjahre hinauszugehen.“

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